So viel Lärm… um nichts? – Subjektive Eindrücke der Schulersprecher*innenwahl

Hätte ich gewusst, welch eine Kontroverse die simple Wahl eines Nachfolgers/ einer Nachfolgerin für das Amt des Schulsprechers auslösen würde, ich hätte mich nicht zur Organisation selbiger bereit erklärt. Doch was sollte ich tun? Als nunmehr ehemaliges Mitglied der Schülersprecherteams bin ich nun einmal verpflichtet die Nachfolge zu regeln.

Das Schülersprecherteam, oft als SV-Team abgekürzt, setzt sich aus dem Schülersprecher/ der Schülersprecherin und seinen/ ihren 3 Stellvertreter*innen zusammen. Da Thilly, Friedrich und ich mit großer Motivation und Freude die Schüler*innen des Gemonts vertreten haben, nun aber unser finales Schuljahr, inklusive Abistress, begonnen haben, sind wir bei der diesjährigen Wahl nicht mehr angetreten. Sehr wohl aber das vierte Mitglied des letztjährigen SV-Teams, Johanna. Zusammen mit Kate, Rika und Jan David hat sie sich auf den Schulsprecherposten beworben.

Ihre Ambitionen und Ziele konnten die genannten Kandidat*innen bei der Schülervollversammlung vorletzte Woche der Schülerschaft vortragen. Die starke Polarisation mancher Kandidat*innen kam schon damals zum Vorschein. Während Jan David gerade im 7. und 8. Jahrgang, bevor er überhaupt ein Wort gesagt hatte, bereits auf tosenden Applaus traf, konnte in den älteren Jahrgängen gerade Kate mit ihren Vorschlägen zu mehr Sensibilisierung gegenüber Rassismus und Sexismus, sowie dem Vorschlag „Schulsprecher-Sprechstunden“ einzuführen, viel Zustimmung ernten. Rika dagegen wollte keine unrealistischen Ziele nennen und argumentierte mir ihrer Motivation für ihre Wahl, wogegen Johanna mit ihrer großen SV-Team Erfahrung punkten konnte.

Nachfragen waren ebenfalls gestattet, wobei vor allem in der Oberstufenrunde die Kandidat*innen ziemlich in die Mangel genommen wurden. Gerade zu den Zielen von Jan David, wie einem Snack-Automaten oder die Finanzierung von Projekten, wie Wasserspendern, ein Vorschlag von Johanna, gab es Rückfragen.

Die wahre Kontroverse nahm jedoch erst am Ende der Woche Fahrt auf. Die Auszählung der Stimmen durch das alte SV-Team, welche in Kooperation mit dem Freiflieger stattfand, wurde von Teilen der Schülerschaft stark kritisiert. Grund dafür war die Gesamtzahl der ausgezählten Stimmen, welche nur knapp 60% der Schülerschaft der Schule repräsentierte. Dafür sorgten laut der Wahlkommission entweder Stimmzettel, die gar nicht oder nach der Frist abgegeben wurden (dies Betraf 2 Klassen) oder Stimmzettel, welche ungültig waren, da diese nicht korrekt ausgefüllt wurden. Zur Verhinderung von Wahlfälschung war es laut der Wahlkommission nämlich essenziell, dass auf den Stimmzetteln, welche jeweils die Stimmenverteilung einer gesamten Klasse abbildeten, auch der Klassen-/ Tutoriumsname mit angegeben war. Nur so konnte verhindert werden, dass Klassen oder Personen gefälschte Stimmzettel in der öffentlich zugänglichen Wahlurne platziert hätten. Betroffen von dieser Regelung waren sieben Stimmzettel, sodass insgesamt neun Stimmzettel nicht gezählt wurden.

Diese Vorgehen wurde laut dem SV-Team mit der Schulleitung abgesprochen und sei kein ungewöhnlicher Vorgang gewesen.

Trotzdem war die Protestwelle oder eher das Protestwellchen nicht mehr aufzuhalten. Die Kritik äußerte sich vor allem aus dem 11. Jahrgang. Das Schulsprecherteam erreichten vereinzelte Beschwerdemails und auch auf der ersten Versammlung der Klassen- und Tutoriumssprecher*innen taten zwei Vertreter*innen des 11. Jahrgangs ihre Wut kund und forderten in einem heftigen Wortgefecht Neuwahlen. Diese Forderungen wurden allerdings, sowohl von der Schulleitung und dem alten, als auch dem neuen SV-Team abgelehnt. Die große Mehrheit der Klassen hätte das Formular korrekt gelesen, ausgefüllt und abgegeben, man könne nicht wegen einer Minderheit von ungültigen Stimmen Neuwahlen durchführen, so die Argumentation. Damit ist und bleibt Johanna, nach einem durchaus knappen Zweikampf mit Jan David, gewählte neue Schulsprecher*in des Gemonts. Parallel und weitaus weniger kontrovers verliefen die Wahlen zum/ zur neun Vertrauenslehrer*in. Dabei wurden Frau Beer (ehemals Brost) und Herr Raband von der Schülerschaft erwählt. In der Folge wurde Herr Wieland, langjähriger Inhaber des Vertrauenslehrerpostens, überraschend nicht wiedergewählt. Spüre ich eine Erschütterung der Macht?

Für mich ist die erwähnte Diskussion ein typisches Beispiel für den sprichwörtlichen Sturm im Wasserglas. Nicht nur, dass der Protest lediglich von einzelnen, allerdings sehr lauten, uneinsichtigen Personen ausgeht, auch dürfen wir nicht vergessen, dass das SV-Team gemeinsam agiert. Alle Mitglieder können ihre Ideen und Vorschläge einbringen. Theoretisch könnten also alle vorgestellten Ziele umgesetzt werden. Wer am Ende auf dem Papier als Vorsitzende*r steht, ist in der Praxis nicht von belang. Ein wirkliches Problem sehe ich allerdings in der Einflussnahme des Lehrkörpers auf die Wahl. Gerade wegen der starken Polarisation und Unterschiedlichkeit der Kandidat*innen und mehrmaligen Satire-Kandidaturen in den letzten Jahren, scheinen die Lehrer*innen sehr besorgt, dass unmotivierte und nicht engagierte Personen die Schülerschaft im SV-Team vertreten. So habe sogar ich persönlich in den Tagen vor der Wahl mehrmals erlebt, dass Lehrer*innen Kurse und Klassen mal mehr, mal weniger indirekt aufgefordert haben, bestimmte Kandidat*innen nicht zu wählen. Das ist in meinen Augen keine freie Wahl mehr und entspricht nicht mehr meinem Verständnis von Demokratie. Wo kommen wir denn hin, wenn die Lehrerschaft den Schüler*innen noch nicht einmal mehr zutraut, eine Wahlentscheidung zu treffen? Das ist für mich der wahre Skandal. Nicht die Auszählung der Stimmen. Denn seien wir ehrlich: Wie viele von euch wissen in zwei Monaten überhaupt noch, wer im SV-Team sitzt?

Die ausführlichen Ergebnisse findet ihr hier: https://freiflieger.blog/2022/09/25/wahlergebnisse-der-wahlen-zum-schulsprecher-und-vertrauenslehrer/

Autor: Tim