
Mitten drin. In den engen Treppenaufgängen unserer Schule.
Gedrängel, Gequatsche, Gestolpere. Und riesige Schulmappen.
Ich versuche den Mappen vor mir auszuweichen oder zumindest einen Mindestabstand einzuhalten, aber die Schüler hinter mir drängen weiter nach vorn. Manchmal möchte man sich umdrehen und schreien: „Nur weil du drängelst, wirst du nicht schneller nach oben kommen; hier wollen alle in ihre Räume!“
Macht man aber nicht. Man schreit keine Fremden an.
Das einzige, was ich über euch weiß, ist, in welche Schule ihr geht. Vielleicht kann ich erahnen, in welchen Jahrgang. Ich weiß ungefähr, welche SchülerInnen gemeinsam in eine Klasse gehen. Ich weiß, dass das Mädchen mit den blonden Locken mittwochs Mathe in der 3. Stunde hat. Ich sehe, wie sich die Klassen in Gruppen auf den Fluren sammeln und Einlass in ihre Räume fordern.
Wenn es zu eng wird, haben die Kleinen auch schnell den Kürzeren gezogen, sobald sich erneut eine Schülergruppe zwischen den beiden Klassen durchschieben will, um auf die andere Seite des Flurs zu kommen. Dann muss man aufpassen, dass man nicht umgeschmissen wird oder einem die Brille von einem Ellbogen oder einer Mappe runtergerissen wird.
Wenn es darum geht, zu seiner Klasse zu kommen, zu seinem Raum, scheint es, als ob die SchülerInnen rücksichtslos einfach nur darauf bedacht wären, sich selbst pünktlich zu ihren Plätzen zu bringen.
Das scheint löblich und bedenklich zugleich: löblich, weil Pünktlichkeit ein Zeichen von Höflichkeit ist und das Drängen auch Ausdruck der unfassbaren Vorfreude auf den nächsten Unterricht, auf den/die nächste LehrerIn, auf neues Wissen sein könnte.
Bedenklich, weil die Rücksichtslosigkeit Zeichen von Egoismus und fehlender Weitsicht und Empathie sein könnte.
Deshalb der Appell: Bitte achtet mehr auf eure Mitmenschen. Auch wenn man sich nicht kennt, sind wir eine Gemeinschaft. Mehr Rücksicht, mehr Weitsicht, denn wir sitzen alle im selben Boot. Wir gehen alle zur selben Schule. Wir haben alle die selben Jahrgangsstufen durchschritten. Wir haben alle die gleichen Problemen, die gleichen Bedenken, die gleichen Unsicherheiten. Wir wissen am besten, wie es den Siebten geht, die noch unsicher sind, wie sie sich zurechtfinden sollen. Wir können uns alle vorstellen, was für einen Druck und Stress unsere Abschlussklassen haben, wenn sie eine Klausur schreiben.
Und deshalb, können wir auf sie Rücksicht nehmen, Empathie empfinden und in einem Gebäude, in dem Abiturklausuren geschrieben werden, den Mund halten oder wenigstens flüstern und nicht kreischend mit der Freundin durch das Treppenhaus und an der Etage, in der unsere zukünftigen Abiturienten und Abiturientinnen sitzen, vorbeilaufen.
Nachtrag: Diese Erkenntnis sollte uns auch nicht nur im Schulalltag begleiten, sondern lässt sich problemlos auf das gesamte Leben und die allgemeine Gesellschaft übertragen.
– Elsa