Das Ende des generischen Maskulinums? – Endlich!

Ein Plädoyer

(cr) Nele Zech 2024

Viele deutsche Prominente verteidigen es: das generische Maskulinum. Seit mehreren Jahren gibt es nun schon Diskussionen darüber. Aber was meint generisch überhaupt

Ein Synonym ist allgemeingültig, das heißt es geht um die allgemeingültige männliche Form, der man alltäglich begegnet. Es wird über Lehrer, Schüler und Arbeitgeber gesprochen, man meint aber alle anderen Geschlechter mit.

Es fühlen sich viele jedoch nicht angesprochen und fordern eine Neuerung. So auch die Sparkassenkundin Marlies Krämer, die in der Ansprache mit „Kunden“ und „Sparern“ ein Problem sieht und daraufhin eine juristische Auseinandersetzung angestoßen hat.

Bemühungen um gendergerechte Sprache stehen Gegner gegenüber, die „das Ende“ kritisch sehen. Sie erachten das generische Maskulinum als eine elegante, leistungsstarke Möglichkeit, um Diskriminierung zu vermeiden. Es gäbe keinen Bezug zum natürlichen Geschlecht, das heißt Männer sind genauso wenig gemeint wie jedes andere Geschlecht.

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) meint, dass jeder Versuch der gendergerechten Sprache nicht konform mit der deutschen Rechtschreibung sowie Grammatik sei. Ein weiterer Nachteil ist das uneinheitliche Vorgehen. Genderdoppelpunkt, Gendersternchen und Gendergap, jede Stadt benutzt unterschiedliche Lösungswege.

Auch grammatikalisch gesehen besteht kein Problem, denn das generische Maskulinum wird aus einem Verbstamm und einem Substantivierungssuffix gebildet. Beispielsweise enthält das Wort Lehrer den Verbstamm „lehr“ und das Substantivierungssuffix „er“, genauso wie Hosenträger und Gesetzgeber, die sind schließlich auch nur belebt.

Der Verein Deutsche Sprache sieht Gendergaps sowie die anderen Lösungen als „lächerliche Sprachgebilde“ und „zerstörerische […] Eingriffe […]“. Er startete eine repräsentative Umfrage, bei der 60% die gendergerechte Sprache als „sehr unwichtig“ und „eher unwichtig“ für die Gleichstellung der Frauen empfinden. Darüber hinaus stimmten 75% gegen gesetzliche Vorschriften.

Problematisch ist jedoch die Auswahl der Probanden, über die im Text nichts bekannt ist. Hierdurch ließen sich die Ergebnisse erheblich beeinflussen.

Viele reden darüber, wie Sprache unser Bewusstsein formt, doch die Kulturjournalistin und Autorin Hannah Lühmann stellt sich die Frage, ob das wirklich stimmt. Sie sieht Sprache als kulturellen Resonanzraum: Eine Veränderung würde Erinnerungen auslöschen. Weiter führt sie an, dass es unklar sei, ob das Abschaffen des generischen Maskulinums wirklich zu Gerechtigkeit führe. Die deutsche Sprache könne sich selbst revolutionieren, wenn nach einer Umfrage alle Bürger*innen für eine Veränderung wären.

Andererseits ist Sprache das Medium, das wir alltäglich benutzen, um uns auszudrücken und um zu kommunizieren. Sprache ist Macht und wenn sich unsere Worte radikalisieren, dann radikalisieren sich auch unsere Gedanken. Daraus entsteht dann ein Kreislauf aus immer wiederkehrenden Mustern und Diskriminierung, die letztendlich auch in gewalttätigen Handlungen enden können.

Es wird argumentiert, dass es das generische Maskulinum schon immer gegeben hätte. Was dabei vergessen wird: Frauen, geschweige denn Nicht-Binäre und Intersexuelle, hatten Jahrhunderte lang keine oder nur wenige Rechte. Diese Tatsache wirkte sich auch auf die Sprache aus; „Nicht das generische Maskulinum ist 2000 Jahre alt, sondern das Patriarchat.“

Es ist egal, wie lange eine Regel existiert, schließlich haben unsere Großeltern auch noch Begriffe genutzt, die man heute lieber nicht in den Mund nimmt.

Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch meint, dass es Gewöhnung braucht, denn
auch an den Begriff Kanzlerin habe sich Deutschland gewöhnt und es klinge fast schon seltsam,
wieder Kanzler zu sagen. Weiter seien junge Menschen offener und zeigten mehr Toleranz.

Die gendergerechte Sprache müsse selbstverständlich werden. Außerdem widerlegt Stefanowitsch das Argument des Aufwands sowie des Leseflusses. Um Verwaltung und Dokumente gendergerecht zu gestalten, gäbe es schließlich Textverarbeitungsprogramme, mit denen es sehr einfach ginge. Zudem haben Studien belegt, dass der Lesefluss nicht gestört werde und es sich hier nur um Gewohnheit handele.

Meiner Meinung nach ist es „lustig“, wenn Männer meinen, es wäre ja nicht so schlimm und wir Frauen sollen uns mal nicht so haben. Schließlich sind sie nicht nur „mitgemeint“, sondern stellen die sprachliche Norm dar.

„Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (Grundgesetz Artikel 3). Dennoch haben viele Menschen genau dieses Gefühl. Jeder empfindet schließlich etwas anders als diskriminierend.

Jedoch denke ich, dass es eine einheitliche Regelung geben muss, egal ob Gendergap, Gendersternchen oder Genderdoppelpunkt, man muss sich auf eine Möglichkeit einigen.

Weiterhin verstehe ich das Argument der falschen Grammatik nur zum Teil, denn es gab schon viele Regeln und Begriffe, die in den Duden und somit unsere deutsche Rechtschreibung und Grammatik aufgenommen wurden.

Sieht man sich jetzt noch einmal Marlies Krämer juristische Auseinandersetzung mit der Sparkasse an, dann ist ihr Anliegen aus meiner Sicht gerechtfertigt. Einerseits ist sie nicht die einzige Person, die sich durch das generische Maskulinum nicht angesprochen fühlt. Es ist ihr Recht, juristisch dagegen vorzugehen, letztendlich ist dem Deutschen die Würde eines jeden Menschen sehr wichtig.

Andererseits ist die Veränderung der Dokumente keine große Sache. Vor allem sollte es bei öffentlichen Papieren kein Problem darstellen. Beispielsweise aktualisiert die Stadt München alle Systeme ihrer Verwaltung für ca. 4 Millionen Euro.

Das Ende des generischen Maskulinums ist nicht negativ: Alle Lösungsansätze sind Platzhalter für geschlechtliche Vielfalt. Unsere Gesellschaft hat sich weiterentwickelt, jetzt muss unsere Sprache nur noch mitziehen.

  • Nora